Schützenwesen in Drochtersen


Ein gesteigertes und gehhetztes Lebenstempo gibt unserer Zeit das Gepräge, schrieb vor einigen Jahren der am 28.Oktober 1983 im Alter von 90 Jahren gestorbene Drochterser Ehrenbürger, Rektor a.D.Fritz Drewes, der in dieser Festschrift noch mehrfach zu Wort kommen wird, 1966 in der Chronik zum 100jährigen Bestehen des Schützenvereins.
Herrisch verfolgt sie ihr Ziel und schreitet unerbittlich über vieles hinweg, was uns lieb und wert war. Wohlleben beherrscht vielfach das Leben unserer heutigen Welt, und höhere Werte erlangen oft nicht die Beachtung, die sie verdienen. Stilles, altes Brauchtum, die Wurzeln starker Kraft, schwindet dahin. Die meisten von uns kapitulieren vor dem Zeitgeist.

Da ist es besonders erfreulich, dass der Schützenverein Drochtersen anlässlich seines Jubiläums die Gelegenheit ergreift und, sich dem Individualismus entgegenstemmend, nicht nur dem Schießsport an sich fördert, sondern auch das Traditionsbewusstsein pflegt und damit gleichzeitig den Heimatsgedanken unterstützt. Zunächst soll hier, soweit es noch möglich ist, einiges über das Schützenwesen in den vergangenen Jahren gesagt werden.
Außerdem erfährt der Leser beim Studium dieser Textzeilen wiederum vieles über die Geschichte Drochtersens und seine Entwicklung im Herzen des Kehdinger Landes, schrieb damals der Chronist.


Die Chronik des Schützenvereins

Es ist nicht leicht, authentisches Material über das Schützenwesen in Drochtersen ausfindig zu machen. Die Schützenbrüder, die unseren Verein vor mehr als 125 Jahren gründeten, haben damals wahrscheinlich nur wenig aufgeschrieben. Unruhige Zeiten brachten es mit sich, dass wichtige Unterlagen verschwunden sind. Wir wissen nur aus nachträglichen Eintragungen in einem Schießbuch, dass der Schützenverein offiziell Anfang des Jahres 1866 bei den damals zuständigen Behörden als gegründet angezeigt worden ist. Wie einige der ältesten Schützenbrüder anlässlich des 100jährigen Bestehens in der damaligen Chronik sich an die Erzählungen ihrer Väter erinnerten, ging dieser Gründung im Jahre 1865 ein zwangloses Schießen voraus. Die Anregung dazu soll von dem Beispiel einiger Nachbarorte ausgegangen sein.


Die Besuche König Georgs V. von Hannover (siehe Bild re. über den Text) in der damaligen Zeit dürften, wenn auch nicht direkt in Drochtersen, so doch hier im nördlichen Landesteil, zur Begründung des Schützenbrauchtums beigetragen haben.

So hat man sich also an einem schönen Sommertag in Drochtersen getroffen und ein zwangloses Schießen durchgeführt, das den Teilnehmern so viel Spaß gebracht haben muss, dass sie sich einig waren, dieses " Schützenfest " künftig in jedem Jahr, zunächst auf einem Platz im Bereich der heutigen Zentrumstraße, zu veranstalten. Ein Schießbuch, das leider erst aus jüngerer Zeit datiert, nennt jedoch die Namen derjenigen Schützen, die von den Teilnehmern zu Vorstandsmitgliedern gewählt wurden. Es sind Claus von Allwörden (Sietwende), L.Nolte (Drochtersen), Johann Schoof (Ritsch), Heinrich Mahler (Drochtersen), Johann von der Oste ( Drochtersen)
und Carl Körner (Drochtersen).
 Die schießbegeisterten Drochterser Einwohner, die 1865 zum ersten mal im sportlichen Wettkampf gelegen hatten, wollten daraufhin natürlich nicht auf " ihren " König verzichten. So beschlossen sie, im folgenden Jahr, beim Schützenfest am 12. Juli 1866, den besten Schützen zur Majestät zu proklamieren. Diese Würde errang damals Zimmermeister Hinrich Tiedemann aus Gauensiek. Den früheren Schriftführern und Schießwarten ist es zu verdanken, dass die Liste der Schützenkönige seit 1866 vollzählig erhalten ist. Den " Vogel abgeschossen " haben bisher der Schützenbruder Heinrich Kordts aus Drochtersen, der fünfmal im Laufe der Jahre von 1875 bis 1894 die Königswürde errang, und Heinrich Steffens, dem viermal der Königsschuß gelang. Oftmals erhielten die Könige charakteristische Beinamen, wie b.s.w. 1977 Gärtnermeister Gustav Gerkens den Titel " Rosenkönig ".


Einige der älteren Mitglieder erinnern sich noch daran, dass sie als Jungen von 1932 bis 1935 Schützenfest an der Krautsander Straße erlebten. Grund für die Verlegung vom " Alten Hof " waren 1932 Unstimmigkeiten zwischen dem in manchen Dingen recht schwierigen Rittergutpächter Eylmann, der die Pacht auf 300 Mark erhöhen wollte, und dem Vorstand. Albert Hintelmann stellte damals daraufhin für 100 Mark seine Weiden für die Einrichtung eines Schießstandes zur Verfügung, erwartete jedoch, dass die Festwirte ihre Getränke bei ihm bezogen. Geschossen wurde in Richtung Deich. Auf diesem Gelände befindet sich heute eine Arztpraxis. Gegenüber, auf der anderen Straßenseite, wurden die Buden und Karussells aufgebaut. Bei schlechtem Wetter stellten die Bauern Bretter von ihren Ackerwagen zur Verfügung. Bei steigendem Alkoholkonsum dürfte damals so mancher Festbesucher vom Brettersteg in den Morast gerutscht sein.


Den seit 1898 angelegten Protokollbüchern ist zu entnehmen, dass der Schützenverein in den ersten hundert Jahren seines Bestehens über fünf Präsidenten verfügte, und zwar: Präses Johannes Bargstedt, Präses Carl Glamann, Präses Wilhelm Kastendiek, Präses H.Woitack und Präses Christoph Mattfeldt. Kommandeure waren im ersten Jahrhundert: H.Thoborg, August Fricke, H.Hintelmann und W.Schildt. Schriftführer waren: W.Blohm, August Fricke, H.Haack, H.Jungclaus, H.Petersen und Th.Raap.
Ein am 3. März 1913 zwischen dem Rittergutpächter Robert Eylmann und dem Schützenverein, vertreten durch seinen damaligen Präses Carl Glamann, geschlossener Pachtvertrag ist ebenfalls erhalten. Daraus ist zu ersehen, dass die Schützenfeste zunächst auf dem " Alten Hof " abgehalten wurden.
Vermutlich ist dieser erhaltene Vertrag die erste schriftliche Vereinbarung zwischen Grundstückseigentümer und dem Verein. Aus gesetzlichen Gründen wird man Rechte und Pflichten beider Seiten dann 1913, ein Jahr vor Ausbruch
des Ersten Weltkrieges, schriftlich niederlegt haben.


In dem Vertrag heißt es unter anderem, dass der Verein auch den hinter dem Hof zum Gut führenden festen Weg bis zum Hofpflaster, eine Rasenfläche, einen Schuppen, der seit Jahren zur Aufbewahrung des Zeltes diente, sowie ein passendes Grundstück, rechts oder links vom Gut, auf dem das Schießen veranstaltet werden konnte, gegen Entgelt jährlich pachtete.
Diese Pacht war spätestens acht Tage nach dem Fest fällig. Eine eventuelle Versteuerung dieser Summe musste der Verein tragen, der auch für die Reinigung des Platzes zu sorgen hatte.

Aus den Protokollen geht hervor, dass der Schützenverein z.b.s. 1898 über ein Sparbuch mit knapp 500 Mark Guthaben verfügte. Die Einnahmen aus der Zeit 1897/98 betrugen 1110 Mark, die Ausgaben 1045 Mark, so dass gerade 65 Mark übrigblieben. Präses war damals noch der Mitbegründer Johannes Bargstedt, Vize-Präses Carl Glamann, der 1910 den Vorsitz übernahm. Schon damals wählte man recht demokratisch mit Stimmzetteln.
Die Ergebnisse sind genau festgehalten worden. Das Schmücken der Ehrenpforte und die Reinigung des Platzes kosteten auch damals schon Geld, und für Kinder besorgte der Verein Geschenke. Interessant ist, dass man sich damals, wahrscheinlich für den Umzug, die Stader Stadtkapelle kommen ließ( wie im Vorjahr, also 1897). Schützenbruder Horeis stellte in der Generalversammlung den Antrag, für den Donnerstagabend einen Musiker kommen zu lassen, der außer Trommel auch noch Klavier spielen konnte. Für das Schützenzelt musste 1898/99 Gastwirt P.Bade 130 Mark bezahlen. Es wurde umschichtig außerdem an Ahlf und Witt verliehen. Das Schützenfest 1898 wurde auf den 22. bis 24. Juli festgesetzt.


Über Neuaufnahmen entschied das " Offizier-Corps ". Damals stand in Freiburg das 300jährige Bestehen der Gilde bevor. Die Drochterser Schützen beschlossen, einen Fahnennagel zu stiften, falls das auch von anderen Vereinen geschehen sollte. Im letzten Jahr vor der Jahrhundertwende führte der Verein eine Verlosung ein. Unter den 1000 Losen befanden sich 100 Gewinne.
Das Verabreichen von Getränken an Kinder auf Vereinskosten wurde untersagt. Versuchsweise schoss man statt auf die eiserne Scheibe erstmalig auf Pappscheiben. Die Verlosung selbst wurde künftig am Sonnabend vorgenommen, an dem auch Volksbelustigungen stattfanden.

An diesem Festtag wurde ein " Platz-Entree " verlangt. Im Jahre 1902 wurde das Platzgeld auf 20 Pfennige erhöht, Mädchen und Jungen hatten für die Festkarte 50 Pfennige zu zahlen. Wer nicht auf dem Übungsabend erschien, hatte ebenfalls 50 Pfennige Strafe zu zahlen, bei Nichtzahlung erfolgte der Ausschuss vom Königsscheißen. 1902 unternahmen die Schützen mit ihren Damen einen Ausflug mit Musik nach Krautsand.
Jeder zahlte eine Mark Eintritt, hatte dafür jedoch im " Etablissement der Frau Möller " freies Tanzen. 1906 wurde beschlossen, wieder ein Schützenessen zu veranstalten. Die Schützen aus Drochtersen beteiligten sich auch am Bundesschießen 1909 in Hamburg, bei dem die unterelbischen Vereine zusammen marschierten.


Das seit 1866 bestehende Statut war allmählig veraltet. 1910 arbeitete eine Kommission des Vereins an eine neue Satzung aus, die in der nächsten Generalversammlung verabschiedet wurde. Einem Schausteller gestattete der Vorstand damals den Aufbau eines Hippodroms während des Schützenfestes, lehnte aber ausdrücklich einen Circus in Drochtersen ab.
Der Verein inserierte im Fachblatt der Schausteller und veröffentlichte die Gewinnerlisten im " Freiburger Wochenblatt ". Für die Teilnahme am 300jährigen Jubiläum in Estebrügge erhielten die Vorstandsmitglieder einen Teil ihrer Auslagen aus der Kasse zurück. So ließe sich der Reigen der Erinnerung an die  vergangenen Zeiten beliebig fortsetzen. Doch jäh unterbrach der Ausbruch des Ersten Weltkrieges die Kette der Schützenfeste.
Zunächst hatten die Schützen zu Beginn der Sitzungen nur den jeweiligen Schützenkönig hochleben lassen. Später wurde auch ein Hoch auf " Seine Majestät den Kaiser den obersten Kriegsherren ", ausgebracht.

Es folgten bald die stillen gedenken an die Gefallenen. Den im Felde stehenden Schützenbrüdern wurden Liebesgabenpakete übersandt. Manch einer von ihnen kehrte nicht zurück. Der Verein verkaufte seine Zelte, weil eine Beschlagnahme zu erwarten war, und zeichnete schließlich zur 8.Kriegsanleihe 1000 Mark.


Nach Ende des Krieges, im Jahre 1919, wurde mit der Weiterführung der Schützentradition begonnen. Gestrichen wurde in der Satzung ein Passus, nach dem Personen, die " sozialdemokratischen Bestrebungen huldigen ", vom Vereins Leben ausgeschlossen waren. Mittlerweile verfügt man in Drochtersen auch über eine eigene Kapelle, die künftig bei den Schützenfesten spielte. In jedem Jahr fanden nun auch wieder Schützenfeste statt, die Besucher von nah und fern anlockten. 1920 kamen sogar zwei Schützenbrüder aus der Schweiz zu Besuch. Sie erhielten ein Diplom und wurden sogar zu Ehrenmitgliedern ernannt. Das Jahr 1926 wird in der Vereinschronik besonders erwähnt, weil es gelang, im damals " verarmten " Deutschland in Drochtersen einen Schießstand zu bauen und wieder ein Zelt anzuschaffen.
Das Jahr 1934 brachte wegen der Eingliederung des Vereins in den Deutschen Schützenbund die Änderung des §8 der Satzung. Die Machthaber des Dritten Reiches verlangten, dass der Vorsitzende, seit Gründung des Vereins in Drochtersen " Präses " genannt, nunmehr " Führer des Vereins " heißen musste. Nur dieser und sein Stellvertreter durften gewählt werden. das Protokoll musste dem zuständigen Gauleiter vorgelegt werden.

In Drochtersen fand man sich mit diesen neuen Bestimmungen ab und feierte weiter Schützenfest. Die Schützen besuchten Jubiläumsfeste in der Nachbarschaft, so auch in Buxtehude, und empfingen bei den eigenen Veranstaltungen viele auswärtige Gäste. In den Kriegsjahren erlebten die älteren Mitglieder zum zweiten Male, welche Lücken ein grausames Schicksal in den Reihen ihrer Kameraden riss. Schützenfeste fanden nicht mehr statt.


Drochtersen betrauerte wiederum den Tod vieler Schützenbrüder. Ein Jahr vor Kreisschluss brannte durch Kinderhand der Kugelfang ab. Der Verein hatte in den folgenden Jahren noch etliche Schwierigkeiten, den Schaden zu beheben. 1947 ordneten die Alliierten den Einzug des Vereinsvermögens an, da nach deren Ansicht Krieger- und Schützenvereine der Erhaltung militärischer Traditionen dienten. Erst im Jahre 1949 durften sich die Schützenbrüder wieder versammeln. Sie beschlossen, eine Kostenrechnung für die Abhaltung eines neuen Schützenfestes aufzustellen.
Dann war es soweit, man glaubte, dass 100 Mitglieder ein Schützenfest tragen könnten. Seit 1949 wird wieder, wie seit inzwischen 125 Jahren, in Drochtersen das Schützenfest gefeiert, seit 1965 im erweiterten neuen Schießstand. Es ist ein Fest, das weit über die Grenzen der engeren Heimat bekannt ist als eine Folge einer hundertjährigen Tradition im Herzen des Kehdinger Landes.


Eintritt in das zweite Jahrhundert der Vereinsgeschichte

Mit der Feier des 100. Schützenfestes begann im Jahre 1965 das zweite Jahrhundert in der Geschichte des Drochterser Schützenvereins. Unter der Leitung des damaligen Präses Christoph Mattfeld leisteten der gesamtvorstand und viele Helfer, darunter auch Nichtmitglieder, beachtliche Vorbereitungen zum Gelingen der Jubiläumsfestwoche.
  Der Reigen der Veranstaltungen begann am Sonntag, dem 11. Juli, mit dem traditionellen Kirchgang der Schützen. Mittags formierte sich vor dem Haus des Vereinswirts Heinrich Müller der erste Umzug der Festwoche, um den Besten-Mann Harry Umland abzuholen. Bester-Mann des 100. Schützenfest wurde nachmittags Georg Käsehage. Feierlich wurde es am folgenden Donnerstag, als um 21 Uhr nach einer Kranzniederlegung am Ehrenmal neben der Kirche der Schützenzug mit Fackeln zum Sportplatzgelände marschierte, auf dem damals nur die alte Turnhalle stand. Unter großer Beteiligung der Bevölkerung erlebten die angetretenen Schützenformationen, darunter auch etliche auswärtige Abordnungen, den Großen Zapfenstreich, gespielt vom Musik- und Fanfarenzug Bevensen.


Früh aufstehen hieß es sodann am Freitag, dem ersten der drei Hauptfesttage. Schon um 5:15 Uhr weckten Spielleute und Posaunisten die Einwohner und brachten bereits um 6:30 Uhr am " Hotel zur Elbaussicht "( Limberg ) den Krautsandern und den Urlaubern ein Ständchen.
Eine Stunde später wurde am Schießstand zur Flaggenparade angetreten, ein Brauch, der noch heute geübt wird. König von 1964 war Erich Hammann, der zum Früstück eingeladen hatte und mit einem Konzert geehrt wurde. Um 12:00 Uhr erscholl zu damaliger Zeit noch ein " Horn Ruf zum sammeln ", dem ein Promenadenkonzert unter der Friedenseiche vor der Kirche folgte. Ein langer Festzug mit Kindern, die bunte Blumengirlanden trugen, holte danach König Erich Hammann, genannt " Erich der Große " zur Festtafel ab.
Nach hartem Ringen um das beste Ergebnis stand gegen Abend fest:
Willi Raap, aus Krautsand, war König des Jubiläumsschützenfestes.


Der Sonnabend gehörte schon damals der Jugend, die, angeführt vom Knabenspielmannzug Buxtehude und Mädchenfanfarenzug Altkloster, " ihren " Umzug durch den festlichen geschmückten Ort hatte. Ab 15:30 Uhr gab es damals noch " Kinderbelustigung ", wie Eierlaufen und Sackhüpfen auf dem Festplatz.

Für den Sonntag hatte der Verein das Heeresmusikkorps 11 der Bundeswehr verpflichtet. Es gab von 12 bis 13 Uhr auf dem Festplatz ein Platzkonzert, dem sich der Große Festumzug anschloss. Daran beteiligten sich viele Nachbarvereine mit Fahnenabordnungen.


Den Kindern ersparte der damalige Kommandeur Willi Schild an diesem Sonntag den anstrengenden Marsch durch den Ort. An allen drei Tagen dieses Wochenendes herrschte bis zum frühen Morgen Hochstimmung im Tänzelt.
Der engagierte Präses Christoph Mattfeld hatte 1965 den Schützenverein Drochtersen mit großem Elan ins 100. Schützenfest geführt. das Protokoll der Generalversammlung im März 1966, dem 100. Gründungsjahr des Verein, berichtet, dass die zahlreichen Jubiläumsfeierlichkeiten " für Verein und Gemeinde ein einmaliges Erlebnis " darstellten. Auch mit den erhöhten Kosten kam der auf Sparsamkeit bedachte Vorstand zurecht, so dass das Jubiläumsjahr als Erfolg verbucht werden konnte. Allerdings wurde für die nächsten Jahre eine Beitragserhöhung von 20 auf 30 DM notwendig.


Am 17. Februar 1970 wurde Heinrich Grüning einstimmig zum Nachfolger des im Vorjahr verstorbenen langjährigen Präses Christoph Mattfeld gewählt. Ihm standen Vizepräses Helmuth Kühlcke, Kassenwart Theo Raap, Schriftwart Heinrich Mau, Kommandeur Ernst Hammann, Vizekommandeur Erich Hammann und Musikzugleiter Helmut Willers als Vorstandsmitglieder zur Seite. Im folgenden Jahr 1971 überarbeitete der Verein seine Satzung. Die Generalversammlung, die diese Änderung einstimmig beschloss, lehnte dagegen mehrheitlich ab, die bisherige Weintafel durch den Ausschank von Bier und Schnaps zu ersetzen. An diesem Brauch, an der Königstafel nur Wein anzubieten, wurde in Drochtersen bis vor ein paar Jahren festgehalten.
1972 berichtete der damalige Gemeindedirektor Adolf Eggert über den Plan, eine Mehrzweckhalle in Drochtersen zu bauen, was allerdings später nicht verwirklicht worden ist. Die Schützen ermächtigten jedoch ihren Vorstand, für eine finanzielle Beteiligung an dem Projekt 50.000 DM aufzunehmen. - Inzwischen hat Drochtersen jedoch seine 1989 umgebaute " Kleine Turnhalle ", die sowohl dem Schul- und Vereinssport dient als auch für kulturelle Veranstaltungen und sogar Ausstellungen genutzt wird.


Weiter im Streifzug durch die Protokollbücher: 1972 regelten die Drochterser Schützen das Zeremoniell bei Trauerfeiern und erhöhten den Beitrag auf 40 DM. Für seine 25jährige Tätigkeit als Kinderoffizier wurde Karl Middeke geehrt. In diesem Jahr errang Präses Heinrich Grüning die Königswürde. 1976 blieben bei der Sturmflut vereinseigene Anlagen von nennenswertem Schaden verschont. Spontan stiftete der Verein an die Gemeinde deshalb 2.000 DM Fluthilfe für betroffene Bürger. Der Schützenball, wegen der Sturmflut zunächst ausgesetzt, wurde auf den 3. April verschoben. Der Vorstand wurde 1979 mittels Satzungsänderung um ein siebentes Mitglied, Schießsportwart Kurt Sonnenwald, erweitern. Zum Nachfolger des aus Gesundheitsgründen nicht mehr kandidierenden Präses Heinrich Grüning wurde 1980 einstimmig Dieter Brauckmüller gewählt.

Die vergangenen 25 Jahre im Rückblick

Die von den Schriftführern sorgfältig geführten Protokollbücher spiegeln für spätere Generationen das Vereins Leben recht anschaulich wider. Nachstehend sollen weitere Ereignisse der vergangenen 25 Jahre seit dem 100. Schützenfest gerafft festgehalten werden. In der Generalversammlung am 26. Februar 1982 freuten sich die hundert anwesenden Mitglieder b.s.w. über die Fertigstellung der Parkplätze am erweiterten Schießstand. Um vom manchmal auch im Juli launischen Wetter unabhängig zu sein, wurde den Schützen empfohlen, das vom König gegebene Frühstück im Zelt einzunehmen.
Angekündigt wurde für den folgenden März ein Städte-Quiz " Start und Ziel " des Senders Radio Bremen in der Dreifach-Turnhalle in Drochtersen, zu dem dann die Mannschaften der Drochterser Vereine gegen Bremervörde antraten. Die drei Musikzüge des Vereins mit rund hundert Musikern wirkten an der musikalischen Gestaltung der Rundfunksendung mit.
1984 bestand Grund zur Klage über die zu geringe Beteiligung am Kommersabend. Trotzdem sollte diese Veranstaltung beibehalten werden. Sie erfreut sich inzwischen steigender Beliebtheit. Dreimal war innerhalb eines Schützenjahres in den Schießstand eingebrochen worden. In zwei Fällen wurden die Täter ermittelt.


Auf der Generalversammlung 1984 gab es einen Wechsel im Präsidium: Horst Bargstedt wurde zum neuen Präses gewählt. Vier Wochen später wurde eine außerordentliche Generalversammlung einberufen, die sogar die Besondere Aufmerksamkeit der sonst überwiegend desinteressierten Presse fand. Präses Horst Bargstedt und vier weitere Vorstandsmitglieder erklärten ihren Rücktritt. Dieter Brauckmüller wurde zum neuen Präses gewählt.
1985 konnte den Mitgliedern der endgültige abgeschlossene Umbau des Schießstandes gemeldet werden. Aber auch ein Frühschoppen für die Ehrenmitglieder am zweiten Advent des Vorjahres war hervorzuheben. Ein Jahr später beteiligten sich die Drochterser Schützen mit einer großen Abordnung am Deutschen Schützentag in Osnabrück.
In der Generalversammlung am 26. Februar 1988 warf dann das 125. Schützenfest seine Schatten voraus. Präses D.Brauckmüller rief zu Anregungen auf, um möglichst viele Ideen in die Gestaltung des Jubiläums einfließen zu lassen. Inzwischen amtiert, im Jahre 1989 gewählt, Klaus-Dieter Krönke als neuer Präses, der mit teilweise verjüngtem Vorstand und vielen ehrenamtlichen Helfern den traditionsreichen Schützenverein Drochtersen von 1866 e.V. ins Jubiläumsjahr führt.


Die Fahnen der Schützen in Drochtersen

Die Fahne gilt seit dem frühen Altertum als sichtbares
Symbol einer Gemeinschaft.
Ursprünglich diente sie im Kampf den Soldaten als Orientierungshilfe; aber längst geben sich auch nicht militärische Vereinigungen, wie z.b.s. Sportler, Sänger, Feuerwehren oder eben die Schützen, eigene Fahnen. Alle Völker erweisen ihren Fahnen bei feierlichen Anlässen besondere Ehren. Vielfach erhalten neue Fahnen bei ihrer Weihe geistlichen Segen.

In den Unterlagen zur Geschichte des Schützenwesens in Drochtersen wird 1909 zum ersten Mal die Vereinsfahne erwähnt, die noch bis 1985 bei allen feierlichen Anlässen getragen wurde. Mit einer eindrucksvollen Fahnenweihe war sie am 17. März jenen Jahres " außer Dienst gestellt " worden und hat seitdem im Luftgewehrstand einen Ehrenplatz hinter Glas. Ein Schild am fahnenstock ist noch erhalten. Es trägt die Innenschrift " G.B. Hanecke Fahnenfabrik, Leipzig 1909 ". Seit 1985 wird eine neue, dem alten Vorbild bis ins kleinste Detail exakt nachgestickte neue Vereinsfahne den Schützen bei Umzügen vorangetragen. Fahnenträger der ersten Drochterser Schützenfahne war von ihrer Weihe an bis zum 15. März 159, also 50 (!) Jahre lang, Schlachtermeister Heinrich Steffens. Nachfolger war sein Sohn Walter Steffens, der sie bis zum 4. Februar 1971 trug. In dieser Zeit musste Walter Steffens die Fahne nur einmal aus Krankheitsgründen in andere Hände geben: Sein Nachbar, Schmiedemeister Klaus Meyer, trug sie für ihn beim Umzug des 100. Schützenfestes. Jürgen Steffens setzte die Tradition des " Fahnenhauses " Steffens fort, bis 1973 sein damaliger Nachbar Horst Bargstedt das Amt des Fahnenträgers übernahm. Die Geschichte des Hauses Steffens
in der Sietwender Straße als Fahnenhaus dauerte damit nachweislich nahezu 65 Jahre.


Horst Bargstedt war Fahnenträger von 1973 bis 1982, als er zum Nachfolger des damaligen Kommandeurs Ernst Hammann gewählt wurde. Zunächst war das Haus Bargstedt in der Sietwender Straße, das inzwischen dem Neubau eines Einkaufmarktes gewichen ist, Fahnenhaus. Nachdem Horst Bargstedt nach Krautsand verzogen war, wurde die Fahnen vom Hause seines Vaters in der Zentrumstraße abgeholt. 1982 wählte die Generalversammlung Henry Elsen und Horst Schuback zu neuen Fahnenoffizieren.

Der Schützenverein Drochtersen von 1866 verfügte noch über zwei weitere Fahnen, die von der Jugend getragen werden. Es ist einmal die frühere Jungschützenfahne, die 1931 von Uhrmachermeister Oscar Enderstein gestiftet worden war. Sie führt seit vielen Jahren den Festzug der Kinder an.
Die Jungschützen erhielten 1956 eine neue Fahne. Stifter waren Albert Hintelmann und Eduard Limberg sen. Beide Fahnen werden zusammen mit der großen Vereinsfahne im derzeitigen Fahnenhaus Henry Elsen aufbewahrt.


1981 wurde ein Schießsportzentrum geschaffen

Die Erweiterung des Schießstandes um einen von den Kleinkaliber-Bahnen abgetrennten Luftgewehrstand in den Jahren 1977 bis 1981 war einer der Höhepunkte der vergangenen 25 Jahren Vereinsgeschichte.
Der Ausbau zu einem ideal gelegenen Schießsportzentrum ist nicht nur finanziellen Leistung aller Mitglieder und vieler Spenden, sondern auch dem Einsatz der Schützen zu verdanken, die exakt 6542 und eine halbe Arbeitsstunde erbrachten. Die Inhaber zahlreicher Gewerbebetriebe, die auch Mitglieder des Vereins waren, spendeten Material und stellten Maschinen zur Verfügung. Die planerische Vorbereitung und Einmessung hatte schon 1978 begonnen. Die Generalversammlung im März 1979 berief dann den damaligen Vizepräses Dieter Groß sowie die Mitglieder Helmut Steffens, Klaus Oellerich und Heino Nagel in einen Bauausschuss, der schon eine Bauzeichnung vom April 1977 vorlegen konnte.
Die Planung basierte auf der alten Zeichnung vom ersten Umbau, durch den 1965 der heutige Schrankraum vergrößert wurde. Pro Mitglied wurden eine Umlage von 100 Mark sowie eine Eigenleistung in gleicher Höhe beschlossen, die auch in bar abgegolten werden konnte. Im November 1979 wurde die Baugenehmigung für den Luftgewehrstand und den Anbau von Damen- und Herrentoiletten sowie für die Anlage von 19 Parkplätzen erteilt. Zuvor war der Bauantrag zunächst abgelehnt worden, weil der Landkreis das Vorhaben für " unvereinbar mit dem öffentlichen Baurecht " hielt. Der Verein zahlte für die Ablehnung sogar 80 Mark Gebühren und beantragte bei der Gemeinde die Änderung des Bebauungsplanes, die dann vom Rat beschlossen wurde.


Als im März 1980 der erste Spatenstich erfolgte, prangte an der Baustelle endlich auch der rote Bauschein des Landkreises. Er befindet sich mit den übrigen Unterlagen als Dokument der Vereinsgeschichte bei den Bauakten. Dank des unermüdlichen Einsatzes der freiwilligen Helfer, die b.s.w. bei Vorarbeiten am 29. Februar 1980 an einem Tag zusammen 42 Arbeitsstunden leisteten, konnte der Erweiterungsbau nach einem " Reinschiff " durch die Damenabteilung und etliche Helferinnen am 22. Mai 1981 mit einem zünftigen Dämmerschoppen seiner Bestimmung übergeben werden.
Das Finanzamt Stade erkannte in der Schlussabrechnung Eigenleistung der Schützen in Höhe von 74.880 Mark an.


Eine Jungschützenabteilung seit 1956

Die Jungschützenabteilung wurde im Jahre 1956 von 14 aktiven Jungschützen gegründet. Im selben Jahr stiftete der damalige König Albert Hintelmann und Bester-Mann Eduard Limberg die neue Jungschützen-Fahne und die Fahnenstange. In den ersten Jahren nach der Gründung der Abteilung betreute Peter Ahlf die Jungschützen, deren Mitgliederzahl von Jahr zu Jahr bis damals die Mitgliederzahl auf 58 Jungschützen wuchs.

1964 wurde zum ersten Mal am Kreiswettschießen teilgenommen. Danach folgten Beteiligungen an Bezirksschießen. Auf beiden Ebenen wurden, ob im Kleinkaliber- oder Luftgewehrschießen, oftmals hervorragende Ergebnisse erzielt. So wurde 1989 beim Kreiswettschießen der Mannschaften in Freiburg der erste Platz erreicht. Außerdem wurde für die beste Wertung der Jungschützinnen Maike Steffens zur Kreis Königin proklamiert.
1981 feierten die Jungschützen ihr 25jähriges Jubiläum mit einem Umzug, an dem sich viele auswärtige Jungschützenabteilungen und auch Musikzüge beteiligten, und einem sich anschließenden Pokalschießen. Die Freundschaften mit Jungschützenabteilungen auswärtiger Vereine werden weiterhin gepflegt und gefestigt.


Unser " Hein " gründete die Damenabteilung

1963 waren es lediglich sieben Jungschützen, die beim Schützenfest hinter ihrer Fahne marschierten. Dieser ziemlich trostlose Anblick brachte den damaligen Betreuer der Jungschützenabteilung, Heinrich Grüning, auf den Plan. Durch umfassende Werbung und persönliche Kontakte zu den Eltern, wobei ihm sein Beruf als örtlicher Polizeibeamter entgegenkam, schaffte er es, auch Mädchen für den Schießsport zu interessieren.

So wurde 1967 eine Jungmädchenabteilung gegründet, die am 17. Dezember 1968 zum ersten Mal an einem Preisschießen teilnahm. Am Medaillen-Abschluss schießen der Winterrunde 1968 nahmen schon 15 Schützinnen teil. Die Winterrundenwettkämpfe wurden zu dieser Zeit noch auf dem Saal von " Müller`s Hotel " ausgetragen. Gezielt wurde über die Tanzfläche von Galerie zu Galerie: Oben wurde geschossen und trocknete die Wäsche. 1970 wurde Heinrich Grüning zum Präses des Vereins gewählt. Aus diesem Grund gab er die Betreuung der Jugend in die Hände von Magda und Holger Radünz. 1973 nahm die Damenabteilung zum ersten Mal am Niederelbeschen Bezirksschießen teil.
Aus privaten Gründen übertrug Magda Radünz 1974 ihr Amt an Erika Gonnermann. Stellvertreterin wurde zunächst Elfriede Krönke und später Regina Stüven, geb. von Borstel. Die Mitgliederzahl erhöhte sich ständig.

1976 waren es 24 und 1980 schon 36 Damen. 1989 war mit 52 die " magische " Grenze von 50 Schützinnen überschritten. Erika Gonnermann und Regina Stüven waren nach erfolgreicher Ablegung der vorgeschriebenen Prüfung des Nordwestdeutschen Schützenbundes e.V. schon im April 1983 zu Schießwarten ernannt worden. Um die Kameradschaft in der Damenabteilung zu fördern wurden zahlreiche Aktivitäten wie Wochenendfahrten an die Mosel und nach Schleswig, lustige Fahrradrallyes mit der Jungschützenabteilung sowie stimmungsvolle Weihnachtsfeiern ins Programm genommen. Außerdem hat die Damenabteilung alljährlich viel Freude an der Bewirtung der Senioren des Bezirksschießens sowie der Altenweihnachtsfeier des eigenen Schützenvereins.
Heute stehen jung und alt nebeneinander auf dem Schießstand und freuen sich gemeinsam über den Erfolg des anderen. Und immer hat noch die Damenabteilung ein herzliches Verhältnis zu ihrem Begründer, dem jetzigen Ehrenpräses Heinrich Grüning, der stets ein guter Ansprechpartner war.



Schießsportliche Erfolge der Damenabteilung

Große Erfolge erzielt die Damenabteilung seit Jahren beim Kreiswettschießen und bei den Winterrunden-Wettkämpfen. Es gibt in ihren Reihen einige äußerst siegreiche Schützinnen, an der Spitze Elfriede Krönke, deren sämtliche Titel und Würden aufzuzählen hier der Platz fehlt. Genannt sei deshalb: Beste-Dame, je dreimalige Kreis Königin und Alterskönigin, Vereinsmeisterin, Teilnehmerin an vier deutschen Meisterschaften in München, Landesmeisterin 1986 sowie Landesbeste beim Verbandsvergleichschiessen 1989 in Cloppenburg. Aber auch der Nachwuchs ist nicht untätig. Als Beispiel sei hier Sabine Schild genannt.
Die Bezirksmeisterin sicherte sich einen guten Platz bei den Landesmeisterschaften, wurde zweimal Vereinsmeisterin und Kreis Königin 1988 sowie 1989. Die erste " Beste-Dame " des Vereins war 1969 Dagmar Winkler.

(Bild & Text überwiegend aus unseren Jubiläumsheft 2015)